Mythos oder Wahrheit – Milchprodukte stärken die Knochen!?

Viele Menschen in unseren Breiten achten bewusst darauf viele Milchprodukte zu konsumieren, um die Knochen zu stärken oder dafür zu sorgen, dass sich eine bereits vorhanden Osteopenie (Minderung der Knochendichte) oder sogar bereits die fortgeschrittene Form namens Osteoporose („poröse“ Knochen) zu verhindern bzw. dafür zu sorgen, dass es nicht schlimmer wird.

Dabei ist jedoch zu bedenken, dass Milchprodukte nicht die einzigen Kalziumlieferanten sind und sie sich eigentlich nicht optimal zum Einsatz gegen „poröser“ Knochen eignen. Daher hierzu sechs Fakten:

Fakt 1

Was viele nicht wissen, liefern Milchprodukte zwar Kalzium, jedoch weit nicht so viel wie man vielleicht erwarten würde. Sie sind eher nur moderate Kalziumlieferanten, da Milchprodukte (bzw. deren Phosphate) von unserem Körper erst gepuffert werden müssen, um überhaupt das Kalzium daraus aufnehmen zu können. Das liegt vor allem daran, weil Milchprodukte ohne Pufferung zu einer Übersäuerung unseres Blutes führen würden. Und diesen Zustand lässt unser Körper gar nicht erst zu. Dadurch ist es meist der Fall, dass der Körper für die Pufferung mehr Kalzium braucht, als die meisten Milchprodukte überhaupt bringen. Und ist zu wenig Kalzium für die Pufferung im Blut, zapft der Körper einfach unsere Knochen dafür an. Immerhin sind diese unser größter Kalziumspeicher mit 99% des Gesamtkalziumgehalts (ca. 1 kg Kalzium) in unserem Körper.
Zusätzlich ist noch anzumerken, dass dieses viele Phosphat aus den Milchprodukten auch gerne die Aufnahme von Kalzium hemmt. Wesentlich bessere Kalzium-Lieferanten wären daher jegliche Nahrung, die aus dem Meer kommt oder verschiedenste Gemüsesorten (siehe Beispiele), jedoch vor allem Kohlgemüse.

Beispiele für gute Kalziumquellen:
Grünkohl, Brokkoli, Sellerie, Chinakohl, Süßkartoffel, Spinat, weißer und schwarzer Sesam, Amaranth, stilles Mineralwasser.
Die ersten fünf angegeben Lebensmittel liefern sogar mehr Kalzium als es Milchprodukte tun.
Den die Bioverfügbarkeit (Verwertbarkeit im Körper) liegt bei Milch bei ca. 28-37 % und bei Grünkohl sogar bei 53%.
Weitere Gute Quellen sind außerdem Paranüsse, Walnüsse, Beeren und Bohnen (Schuhmann, Martin, Keller, 2014).

Fakt 2

Milchprodukte von Tieren sind eigentlich nicht für uns gedacht, sondern für das entsprechende Jungtier. So wie Muttermilch von uns Menschen für unsere Babies unerlässlich ist, ist auch die Milch von der Kuh, der Ziege, dem Schaf, etc. für deren Jungtiere gedacht.
Jede Milch enthält genau die Inhaltsstoffe, die für das frisch geborene Lebewesen notwendig sind.
Da wir jedoch nicht wirklich mit einer Kuh oder einem Schaf nah verwandt sind, enthält die Milch auch nicht unbedingt alle Inhaltsstoffe die wir benötigen. Einige wesentliche Inhaltsstoffe, die wir nicht, in der Form wie wir sie durch den Konsum von Milchprodukten erhalten, benötigen und auch nicht adäquat abbauen können, sind die Hormone (v.a. Wachstumshormone (IGF)) und die Milcheiweiße Casein und Whey. Bei Manchen Leuten macht auch der Milchzucker Probleme.

Die Milcheiweiße haben einige negative Effekte auf uns. Einer der stärksten Effekte ist jedoch, dass Milcheiweiße das Wachstum von Organen, Muskelzellen (machen sich manche Kraftsportler zur Proteinpulver zunutze), Fettzellen, etc. anregen. Der Körper unterscheidet hierbei nicht wo es sinnvoll wäre, sondern macht einfach alles größer. Das ist eine, wie ich finde, versteckte Ursache für Übergewicht.

Casein ist sehr schwer für uns verdaulich und liegt daher viele Stunden (bis zu 8 Std.) in unseren Magen. Und alles was der Magen nicht zerlegt, wird von Darmbakterien mittels Fäulnis zersetzt. Dabei entstehen schleimige Giftstoffe, die in weiterer Folge unseren Darm verschlacken und die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen reduzieren können. Außerdem sind stinkende Blähungen, Krämpfe, Durchfall, Verstopfungen und Allergiesymptome möglich. Und in manchen Fällen kann es sogar so weit gehen, dass es zu einer Hemmung der Insulinausschüttung kommt, die in weitere Folge zu Diabetis Typ 2 führen kann.

Whey (Molkeprotein) hingegen ist leicht verdaulich und wird schnell aufgenommen und besitzt die Fähigkeit dadurch schnell unsere Wachstumshormone zu stimulieren. Für das Training von Muskulatur natürlich optimal aber im blödesten Fall motivieren wir Krebs- und/oder Tumorzellen mit dem Wachstum zu beginnen. Das ist wiederum ein negativer Nebeneffekt, der oft unter den Teppich gekehrt wird (Physiologische Ernährung, Viszerale Schule, 2013, S 166).

Außerdem macht Käse süchtig! Der Konsum von Milchprodukte bringt die Entstehung von Casomorphin mit sich, welches in unserem Gehirn ausgeschüttet wird. Es wirkt auf unser Suchtzentrum wie Morphium. Das bedeutet Käse macht uns träge, müde, sorgt für Motivationsverlust und durchaus auch für Verstopfung.

Milchzucker kann als Baby problemlos zerlegt werden. Diese Fähigkeit geht im Erwachsenenalter für 65 % der Weltbevölkerung verloren. Uns fehlt dann dieses Enzym (Laktase) und somit wird der Milchzucker im Darm über Bakterien zersetzt. Die Folgen sind wiederum Blähungen, Verschleimung und Durchfall.
Joghurt wird leichter vertragen, weil es bereits eine „vorverdaute“ Milch ist.

Die Folgen von regelmäßigem Konsum aller Milchprodukte sind wie zu erkennen ist weitreichend. Milchprodukte die etwas besser verträglich sind, sind Butter und Sahne, weil hier „nur“ noch das Fett übrig ist, Parmesan und Hartkäse, da hier durch die Reifung das Casein weitreichend abgebaut ist und Schaf- oder Ziegenmilch, weil die die Tiere einfach viel kleiner sind und weniger Hormone enthalten. Aber unterm Strich bleibt immer irgendein Faktor übrig der unserer Gesundheit nicht gut tut.

Fakt 3

Kalzium kann besser vom Körper aufgenommen werden mit Vitamin D und Vitamin K.

Die Empfohlene Tagesdosis Calcium liegt somit bei 800-1200 mg/Tag lt. der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), etw. weniger mit 500-750 mg/Tag ist notwendig, wenn genug Vit. D vorhanden ist.
Bei Frauen nach der Menopause steigt der Bedarf etwas an und liegt bei 1300 mg/Tag und bei Osteoporose sollten 1500 mg/Tag angestrebt werden.

VITAMIN D
Die Empfohlene Tagesdosis von Vit. D liegt bei 50 mcg/Tag – entspricht 2000 I.E/Tag.

Natürliche Vorkommen von Vit. D bei ca. 100 g:
Lebertran 13.000 I.E.
Forelle 1000 I.E.
Lachs 200 I.E.
Hühnerei 100 I.E.
Avocado 100 I.E.
Champignon 80 I.E.
Sahne & Butte 50 I.E.

30-60 min. Mittagssonne ohne Sonnencreme 20.000 I.E.
bei 80% nackter Haut

Vit. D kann von unserem Körper gespeichert werden, da es ein fettlösliches Vitamin ist. Dadurch kann man ruhig ein paar Tage mehr Vit. D zu sich nehmen und dann wieder ein paar Tag kaum etwas davon. Unser Körper regelt den Rest. Eine Überdosierung ist sehr unwahrscheinlich, da wir für viele Stoffwechselvorgänge Vit. D benötigen und eher selten täglich in der Sonne „baden“, im Winter kaum zu direkter Sonneneinstrahlung kommen und auch über die Ernährung nicht immer genug aufnehmen. Bei den meisten von uns liegt daher eher eine Unterversorgung von Vit. D vor.
Wer es genauer Wissen möchte kann einen Vit. D Status über einen Bluttest beim Hausarzt bestimmen lassen. Der Wert sollte bei 100-300 nmol/l liegen 😉

VITAMIN K
Dieses Vitamin kommt vor allem in grünem Gemüse vor. Findet sich aber auch in Obst, Fleisch, Eiern und Milchprodukten. Ein Vit. K Mangel ist bei dem Bedarf von ca. 60-80 mcg/Tag sehr unwahrscheinlich (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit und Pflege Österreich).

Fakt 4

Oxalsäure hemmt die Aufnahme von Kalzium.
Daher ist es wichtig zu beachten, wenn man wirklich dafür sorgen will, Kalzium optimal aufnehmen zu können, Lebensmittel mit viel Oxalsäure nicht zu sehr mit kalziumreichen Lebensmitteln zu kombinieren.

Folgende Lebensmittel haben einen hohen Oxalsäuregehalt (200-650 mg/100g): Mandeln, Cashews, Rhabarber, Mangold, Süßkartoffeln, Kakaopulver.
Einen relativ geringen Oxalsäuregehalt von <100 mg/100g liefern: Bohnen, Endivie, Knollensellerie, Karotten, Schokolade.

Durch das Kochen und Einweichen kann der Oxalsäuregehalt aber deutlich reduziert werden.

Fakt 5

Bewegung stärkt die Knochen!
Kräftigungsübeungen, wie auch ganz allgemeine körperliche Betätigung ist wichtig für den Erhalt der Knochen.

Frei nach dem Motto „use it, or loose it“!

Unsere Knochen brauchen Druck- und Zugreize, um die Information zu erhalten stark zu bleiben. Sollen die Knochen stärker werden, brauchen wir stärkere Reize in diese Richtung und bleiben diese Reize weg, wird auch der Knochen schwächer.

Fakt 6

Kalzium kann noch so einiges mehr als ein Baustoff für starke Knochen und Zähne zu sein.
Kalzium sorgt außerdem für

  • die Energiefreisetzung (ATP) was wiederum Muskelkontraktionen/-entspannung ermöglicht
  • die Signalübertragung von Nervenimpulsen
  • die Freisetzung von Hormonen
  • die Immunabwehr – also sorgt auch ein gefüllter Kalziumspeicher für ein starkes Immunsystem
  • die Blutgerinnung
  • die Bildung von Schilddrüsenhormone und
  • ist ein Baustoff für Zellmembranen, Gallensäure und vieler wichtiger Hormone.

>>> Infos im Überblick <<<

  • Die besten Kalziumlieferanten sind nicht Milchprodukte sondern Kohlgemüse, weil Milchprodukte mehr Nachteile als Vorteile bringen.
  • Mit Vit. D und Vit. K kann Kalzium besser aufgenommen werden.
  • Lebensmittel mit Oxalsäure blockieren die Kalziumaufnahme, v.a. Rhabarber, Mangold, Mandeln, Cashews enthalten viel Oxalsäure.
  • Regelmäßige körperliche Belastung, v.a. Krafttraining, wirkt präventiv gegen Osteoporose oder kann das Fortschreiten verlangsamen!
  • Bei Kaffeegenuss benötigt man mehr Kalzium

All diese Fakten sollen nicht dazu führen, dass man jetzt denkt der Verzehr von Milchprodukten ist verboten. Soll einfach nur die Wahrheit über Milchprodukte und ihre Wirkung in unsrem Körper aufzeigen.

Ich finde einfach, wenn man Milchprodukte als Genussmittel einordnet und sie nicht als zu wichtig nimmt, haben sie sich in der richtigen Schublade eingefunden. Denn Milch eignet sich meiner Meinung nach nicht zur Prävention oder Verbesserung von Osteopenie bzw. Osteoporose. Da haben wir deutlich wertvollere Lebensmittel am Markt.

Weiters war es mir ein Anliegen, die ganzen Fakten auf den Tisch zu legen, damit jeder selbst bestimmen kann, aus welchem Grund er/sie das Glas Milch oder dass Stück Käse zu sich nimmt.

In diesem Sinn nehmt euch mehr Zeit für eurer Essen und genießt alle Genuss-Lebensmittel in vollen Zügen, aber schaut darauf, dass ihr sie aus den richtigen Gründen zu euch nehmt.
Eure Lisa
Freiberufliche Physiotherapeutin in Mürzzuschlag und Wien

Quellen:
– Schuhmann, L., Martin, H., Keller, M. (2014): Calcium, Milch und Knochengesundheit.
– Physiologische Ernährung, Viszerale Schule (2013): Milchprodukte, Vitamin D.
– Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Calcium. Stand 03/2020 – Link: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/calcium/
– Bundesministerium für Soziales, Gesundheit und Pflege Österreich. Vitamin K. Stand 03/2020 – Link: https://www.gesundheit.gv.at/leben/ernaehrung/info/vitamine-mineralstoffe/fettloesliche-vitamine/vitamin-k
– Betriebliches Gesundheitsmanagement (2018): Kuhmilch und Kasein.
– Fox, T. (2019): Ernährung und Sport.
– weitere Bücher und wissenschaftliche Studien aus meiner Vergangenheit

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